Grußwort zur Kampagne #keineWerbung

Sehr verehrte Damen und Herren,

„kozanga koyeba, eza liwa ya ndambu!“

„Unwissenheit ist wie ein halber Tod“

„Musapi moko, esokolaka elongi te“

„Ein Gesicht kann nicht mit einem Finger gereinigt werden“

Mit diesen beiden afrikanischen Weisheiten möchte ich Sie alle im Rahmen der Kampagne #keineWerbung herzlich begrüßen und auf die Notwendigkeit einer doppelten strategischen Ausrichtung im Kampf gegen HIV und Aids hinweisen, nämlich einerseits die Kampagne als Sensibilisierungs- und Wissensvermittlungsinstrument und andererseits die Netzwerkarbeit.

Der Kampf gegen HIV und Aids ist vor allem ein Kampf gegen Unwissenheit: Unwissenheit über das Virus und seine Übertragungswege, Unwissenheit über medizinische Fortschritte und Behandlungsmöglichkeiten, Unwissenheit über die unzähligen Zugangsmöglichkeiten zu Tests, Beratung, Begleitung und Behandlung. Sei es auf der Ebene der Prävention oder auf der Ebene der Kuration im Kampf gegen HIV und Aids – Unwissenheit tötet.

UNAIDS hat sich zum Ziel gesetzt, Aids bis 2030 zu beenden. Das Land Berlin hat sich im Rahmen der „Fast-Track-City-Initiative“ verpflichtet, dieses Ziel durch das Vier-Stufen-Ziel 95-95-95-0 zu erreichen: 95 Prozent aller in Berlin lebenden Menschen mit HIV sollen ihren HIV-Status kennen. 95 Prozent von ihnen sollen eine antivirale Therapie erhalten. 95 Prozent von ihnen sollen wiederum unter der so genannten virologischen Nachweisgrenze von 50 HI-Viruskopien pro Milliliter Blut liegen. Ein weiterer zentraler Aspekt der Initiative ist die Null. Sie steht für null Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV. Wenn diese Teilschritte rechtzeitig umgesetzt und weitergeführt werden, wird bis 2030 niemand mehr an Aids erkranken, Aids kann beendet werden.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen zunächst die Menschen erreicht und informiert werden. Wir wissen jedoch, dass gerade marginalisierte und bestimmte gefährdete und schwer erreichbare Gruppen nicht immer Zugang zu Informationen über HIV/Aids haben. Darüber hinaus zeigt uns die Praxis im Kontext von HIV/Aids, dass viele Menschen in der Zivilgesellschaft auf allen Ebenen und in allen Bereichen – Bildung, Kultur, Wirtschaft, Politik etc. – nicht immer über korrekte und aktuelle Informationen zum Thema HIV/Aids verfügen, was zu vielen Vorurteilen und Diskriminierungen gegenüber Menschen mit HIV führt. Unwissenheit bleibt somit das größte Hindernis im Kampf gegen HIV und Aids. Gerade Unwissenheit führt dazu, dass die oben genannten Ziele nicht effektiv genug erreicht werden können. Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit, zum Beispiel in Form von Kampagnen, ist eines der wirksamsten Instrumente, das als Türöffner in verschiedene Milieus, Szenen und Gruppen wirkt. Die Kampagne #keineWerbung will genau dieser Türöffner sein und damit die Grenzen der Unwissenheit rund um das Thema HIV und Aids ein Stück zurückdrängen, indem sie wichtige und gut durchdachte Botschaften in kluge und kompakte Formulierungen verpackt und über verschiedenste Informationskanäle in der Öffentlichkeit platziert. Gerade in der heutigen Zeit, in der rechtsextremes Gedankengut mit seinen diskriminierenden, rassistischen, homophoben und gegen Transgender gerichteten Einstellungen und Handlungen immer wieder politisch und gesellschaftlich salonfähig wird, ist eine Aufklärungskampagne im Kontext von HIV und Aids umso wichtiger.

Neben der Bekämpfung der Unwissenheit sind gemeinsame Anstrengungen aller Akteure im Kampf gegen HIV/Aids entscheidend. Das Fast Track City Netzwerk Berlin ist hier ein anschauliches Beispiel dafür, dass gemeinsam und nur gemeinsam die angestrebten Ziele im Kampf gegen HIV und Aids erreicht werden können. Schließlich arbeiten alle beteiligten Organisationen am gleichen Ziel und stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Denn angesichts der aktuellen finanziellen Situation des Landes Berlin sind alle Institutionen, die im Kontext von HIV und Aids arbeiten, herausgefordert, nicht in individualistische Überlebensbemühungen zu verfallen, sondern solidarisch zu bleiben. Vernetzung und Austauschgremien sind das A und O für unsere gemeinsamen Erfolg. Die Kampagne #keineWerbung wird daher mit ihren vielen Botschaften auch eine Würdigung dieser Vernetzungsarbeit sein.

In diesem Sinne steht die Berliner Aids-Hilfe an der Seite der Selbsthilfeorganisation pro plus berlin e.V. und unterstützt die Kampagne #keineWerbung uneingeschränkt. Das ist genau das, was wir alle tun sollten – jeder in der Art und Weise, wie er es kann.

Ich danke Ihnen. 

Prof. Dr. Blaise Feret Pokos

Geschäftsführer der Berliner Aids-Hilfe