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Slubice-Frankfurt Pride 2020

September 2020 – noch immer herrschen Abstands- und Hygieneregeln für Demonstrationen, Maske ist Pflicht. Das hat am 05. des Monats aber ca. 800 – 1000 Menschen nicht davon angehalten sich zu zeigen, Flagge zu zeigen und ihre Stimme zu erheben – auch durch die Maske. Der 05. September 2020 – der Tag, an dem der allererste grenzübergreifende Pride stattfand und die Community aus Polen und Deutschland zusammenbrachte.

Anfang des Jahres haben sich Aktivist*innen aus dem polnischen Slubice und dem deutschen Frankfurt (Oder) zusammengefunden, um den ersten grenzüberschreitenden Pride in der Region zu organisieren.

In einer Zeit mit immer wachsendem Rechtspopulismus (in beiden Ländern), erwachendem Konservatismus und Kommunen in Polen, die sich als „LGBT+ freie Zonen“ bezeichnen (mittlerweile ca. 1/3 der Kommunen, besonders im Süden und Osten Polens) war und ist diese Demonstration von Vielfalt, Gleichheit und Freiheit ein wichtiges Signal an alle queeren Communitys! Slubice, als Startpunkt des Prides gehört nicht zu diesen „LGBT+ freie Zonen“.

Auf dem Plac Bohaterow in Slubice trafen sich die Aktivist*innen und teilnehmenden Menschen. Hier stellten sie sich für dem Demonstrationszug auf, da gerade in Polen strenge Auflagen gelten. So besagt die polnische Coronaverordnunge zum Beispiel, dass Demonstrationen nur mit maximal 150 teilnehmenden Menschen stattfinden darf. Eine Herausforderung. Denn was sich hier auf dem Platz sammelte waren mehr als diese 150 Menschen. Und natürlich wollte niemand riskieren, dass die Demonstration verboten wird oder die angereisten Teilnehmenden nicht mehr teilnehmen können.

Wie sah die Lösung aus? Manchmal kann diese Lösung ganz prakmatisch sein: kurzerhand wurde die Menge geteilt und in zwei Gruppen aufgeteilt. So nahmen mit genügend Abstand zwei Gruppen Aufstellung und starteten etwas zeitversetzt auf die Demonstrationsstrecke. Eine Lösung, mit der auch die polnische Polizei gut leben konnte.

Leider wurden schon auf dem Weg zum Treffpunkt Teil­neh­mende aus den Fenstern beschimpft oder gefilmt. An­woh­ne­r*innen schwenken die polnische Nationalflagge. In der Nähe des Startpunkts bereiten Kinder sich offensichtlich darauf vor, die Parade aus einem kleinen Park heraus mit Eiern zu bewerfen – kommen dann aber nicht nah genug an die Demo heran. Mensch spürte die Ablehnung, die in Polen durch die Regierung noch geschürt wird.

Übersetzung:
Was will LGBT Lobby die Kinder lehren?
4-jährige: Masturbation
6-jährige: Ausdruckgeben eines Einverständnises für Sex
9-jährige: die ersten sexualen Erfahrungen und den Orgasmus 
Stopp die Pädophilie
stoppedofilia.pl
Königin Polens
Schütze uns vor dem LGBT Pest

Kurz vor der Oderbrücke passierte der Zug dann eine Gruppe von rund 30 nationalistisch-religiös motivierten Ge­gendemonstrant*innen, die lautstark in Dauerschleife unter anderem das Ave Maria beteten. Diese forderten unter anderem den Sexualkundeunterricht in Polen abzuschaffen, die Familie als von Gott geschützte Einheit zu betrachten und Kinder nicht bei homosexuellen Paaren aufwachsen zu lassen. Teile des queeren Zuges begegneten diesen Menschen mit Herzen, Handküsschen und Buh-Rufen. Einige der Teilnehmenden stiegen auch ins Gebet mit ein und zeigten damit, dass man auch als queerer Mensch religiös sein kann.

So zogen die bunte und laute Menschenmenge über die Oder vom polnischen Slubice bis ins deutsche Frankfurt (Oder). Hier sammelten sich die Menschen an drei unterschiedlichen Stellen und hörten den Reden von Aktivist*innen zu. Sie sprachen laut die Forderungen aus, für welche die teilnehmenden Menschen auf die Straße gegangen waren. Nach den Abschlusskundgebungen machte auf dem Brückenplatz eine polnische Band und sorgte damit für einen runden Abschluss dieses sonnigen Tages – an welchem die queere Community sich zeigte und ihre Stimmen erhoben.