Fast Track City Summit 2021
von Christoph Schreiber
Am 24. und 25.9.2021 fand im Roten Rathaus in Berlin zum ersten Mal der Berlin: Fast-Track City Summit (bisher: HIV im Dialog) statt. Die Fast-Track Cities Initiative der WHO/UNAIDS bedeutet übersetzt:
Stadt auf der Überholspur.
Das Land Berlin ist diesem Netzwerk im Jahr 2016 beigetreten. Weltweit haben sich über 300 Metropolen dem Ziel verpflichtet, bis spätestens zum Jahr 2030 auf das Ende von neuen Aids-Erkrankungen hinzuarbeiten.
Schon 2019 konnte Berlin die erste 90 des Ziels 0-90-90-90 erreichen. Diese Zahlenkombination bedeutet:
- Null Stigmatisierung
- 90 % aller Menschen mit HIV wissen von ihrer Infektion
- von diesen sind 90 % in antiretroviraler Therapie
- von diesen Behandelten ist wiederum bei 90 % das Virus unter der Nachweisgrenze.
Bei einer Viruslast unter der Nachweisgrenze ist die Weitergabe einer HIV-Infektion ausgeschlossen. Die entsprechende Erfolgskaskade für Berlin war Ende 2019: 0-90-96-96.
Die Herausforderung für die nächste Zielsetzung 0-95-95-95 bis 2025 liegt in der Entstigmatisierung von HIV und Aids. Aufklärung und Information sind neben Testangeboten wichtige Bausteine.
So gesehen haben wir in Berlin das Ziel 0-90-90-90 nur zu ¾ erreicht, denn an dem Ziel der Null Diskriminierung von HIV-positiven Menschen sind wir noch lange nicht angekommen!
Auch beim medizinischen Personal muss die Existenz von HIV kontinuierlich im Bewusstsein bleiben. Zu häufig werden HIV-Infektionen immer noch nicht rechtzeitig erkannt, so dass aus einer HIV-Infektion eine lebensbedrohliche Aids-Erkrankung werden kann. So selbstverständlich wie heute auf SARS-CoV2 getestet wird, muss auch der HIV-Test weiter in den diagnostischen Blick genommen werden.
Zusätzlich gilt es, Menschen für einen HIV-Test zu motivieren. Hierzu stehen neben Testangeboten des öffentlichen Gesundheitsdienstes und freier Träger seit langem auch Selbsttests für zu Hause zur Verfügung.
Hier findest du eine HIV-Teststelle in deiner Nähe. Hier findest du Informationen über dem Heim-Test.
Wie viel Diskrminierung HIV-positive Menschen erfahren trug Eléonore Willems der Deutschen Aidshilfe im Slot “Abbau von Stigmatisierung im Gesundheitswesen“ vor. Sie trug einige Ergebnisse der Umfrage positive Stimmen 2.0 vor, die 2020/2021 durchgeführt wurde. Die Befragung wurde zum einen in Peer-to-Peer Interviews durchgeführt und zum anderen in einer Online Befragung. Ausserdem wurde das Projekt wissenschaftlich vom IDZ, vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena, begleitet.
25% der Befragten geben zum Beispiel an, dass sie ihre HIV-Infektionen bei Ärzten ausserhalb der Schwerpunktpraxis nicht angeben. Grundsätzlich muss man seine HIV-Infektion beim Arzt nicht angeben und das ist auch richtig. Jede*r muss für sich selbst entscheiden, ob er*sie das möchte.
Dabei kann es durchaus sehr wichtig sein, dass der*die behandelnde Arzt oder Ärztin von der Infektion weis. Gerade im Hinblick auf evtl. auftretenden Wechsel-/Nebenwirkungen von den im allgemeinen gut verträglichen HIV-Medikamenten mit anderen Medikamenten/Behandlungen. Natürlich treten solche Wechsel-/Nebenwirkungen nur sehr selten auf, im allerschlimmsten Fall können diese aber eben auftreten und sogar den Behandlungserfolg minimieren oder den eigenen Zustand gar verschlechtern.
Wenn wir uns Kommentare von Befragten anschauen, wissen wir auch warum so viele Menschen ihre HIV-Infektion nicht immer angeben, bzw. angeben wollen.
Eléonore Willem hat uns freundlicher weise Ihre Präsentation zur Verfügung gestellt. Die Präsentation könnt ihr hier einsehen.
Die Gesamtergebnisse der positiven Stimmen 2.0 findet ihr hier.
Wir haben also noch allerhand zu tun, erstrecht gegen Diskriminierung und Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen
Es liegt im Bereich des möglichen das wir alle zusammen die Ziele 95-95-95 bis 2025 erreichen werden. Die voran gestellte Null für Null Diskriminierung werden wir nach aktuellem Stand wohl auch bis ins Jahr 2025 nicht erreicht haben.
Es ging aber auch darum, wie man die aktuellen Teststrategien ändern muss um noch mehr Menschen die Möglichkeit zu eröffnen sich regelmäßig auf HIV und auch andere sexuell übertragbare Krankheiten testen lassen zu können.
Seit 2016 gibt es in Berlin auch eine Clearingstelle für Menschen ohne Krankenversicherung. Diese Stelle wird vom Senat für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung finanziert. Seit 2021 gibt es auch eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Clearingstelle und dem Checkpoint am Hermannplatz um Menschen ohne Versicherung den Zugang zu HIV-Medikamenten zu ermöglichen.
Hier findet ihr noch das offizielle Programm der Fast Track City Veranstaltung um einzelne Programmpunkte nach zu lesen: